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ARCHIV
FÜR DAS
STUDIUM DER NEUEREN SPRACHEN UND LITTERATUREN.
HERAUSGEGEBEN
LUDWIG HERRIG.
XXXVI. JAHRGANG, 68. BAND.
BRAÜNSCHWEIG,
DRUCK UND VERLAG VON GEORGE WESTERMyVNN.
1882.
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Inhalts -Verzeichnis des LXVIII. Bandes.
Abhandlungen.
Seite Über das Studium der neueren Sprachen auf den deutschen Hochschulen.
Von R. B 1 u h m 1
Über das Secretum secretorum des Pseudo- Aristoteles als Quelle eines noch
unveröffentlichten proven^alischen Gedichtes. Von Robert Reinsch 9 Zur Erklärung der sechsten Strophe in Schillers „Klage der Ceres". Von
Gustav Hauff 17
Julius Wolffs Singuf. Von A. Ey 23
Aus Handschriften. Mitteilungen von Adolf Krefsner 29
Tanhäuser. Von Adalbert Rudolf 43
Nachträge zu den Legenden. (Fortsetzung) . 52
Sitzungen der Berliner Gesellschaft ^r das Studium der. neueren Sprachen . 74 Beiträge zur Geschichte der Entwickelung der mittelalterlichen Bühne. Von
Julius Schiött 129
Bildliche Darstellungen der Alexandersage in Kirchen des Mittelalters. Von
Dr. L. Meifsner 177
Lexikalisches. Von Gustav Hauff 191
Nachträge zu den Legenden. Von Carl Horstmann. (Schlufs) . . . 207 Das Zauberschwert Tyrfing. Eine Episode aus der altnordischen Hervarar-
saga des vierzehnten Jahrhunderts frei übersetzt von W. Calaminus 241
Eutychianos-Faustus senior und junior. Von Adalbert Rudolf . . . 255 Shakespeares Measuve for Measure und Whetstones Historie of Promos and
Cassandra. Von PaulSandmann 263
Corneille und Racine im Wettstreit. Von Dr. Joseph Sarrazin . . . 295 Der französische Prosalapidarius der Arsenalhandschrift B. L. F. 283 unter- sucht von Robert Reinsch 319
Clement Marots Metrik. Von Dr. Keuter 331
Zur deutschen Rechtschreibung. Berechtigte oder unberechtigte, wirkliche
oder vermeintliche Denungszeichen. Von Nikolas Howard .... 361
Seite
Beurteilungen und kurze Anzeigen.
Gabriel Rollenhagen, sein Leben und seine Werke. Ein Beitrag zur Ge- schichte der deutschen Litteratur, des deutschen Dramas und der nieder- deutschen DiiilektdichtUDg nebst bibliographischem Anhang von Karl Theodor Gädertz. (Dr. A. Rausch) 93
Römisch und Romanisch. Ein Beitrag xur Sprachgeschichte von Franz
Eyfst-nhardt. (R— e.) 97
Cialas französische Schulgrammatik 98
J. B. Peters, Materialien zu franz. Klassenarbeiten für obere Klassen höherer
Lehranstalten 103
Victor Hugo, Auswahl seiner Gedichte für die oberen Klassen höherer Lehr- anstalten. Herausgegeben von Dr. A. Kühne 104
Wilcke, Jules Sandeau, Me"e de la Seiglibre. (Dr. Joseph Sarrazin). 105
Zeitschriftenschau 106
Zur Methode des französischen Unterrichts. Von Dr. Kühn. Programm des
Kgl. Realgymnasiums zu Wiesbaden 1882 225
Der Sprachunterricht mufs umkehren! Ein Beitrag zur Uberbürdungsfrage
von Quousque Tandem. (Wolpert) 225
J. H. Schwicker, Die ungarischen Gymnasien, Geschichte, System, Statistik,
nach amtlichen Quellen dargestellt 228
Johann ürban Jarnik, Zur albanischen Sprachenkunde 231
Aug. Boltz, Die hellenische oder neugriechische Sprache, Studien zur Kennt- nis derselben, nach ihrem Wesen, ihrer Entwdckelung und ihrem jetzigen Bestände, mit vielen Sprachproben aus allen Stilarten und den wichtig- sten Dialekten nebst eigener deutscher Übersetzung 232
Die Oberpahlsche Freundschaft, ein Gedicht in deutsch-estnischer Mundart von Jakob Johann Malm, mit einer linguistisch- und litterarhistorischen Einleitung zum erstenmal herausgegeben von Paul Theodor Falk. (H. Buchholtz) 233
Dr. F. J. Wershoven, Französisches Lesehuch für höhere Lehranstalten. Mit
erklärenden Anmerkungen, Präparation und Wörterbuch, (W. Münch) 233
Sentenzenschatz aus Dichtern und Denkern aller Zeiten. Gesammelt und
herausgegeben von Max Lehmann 234
Zu Fritz Reuter! Prakt. Anleitung zum Verständnis des Plattdeutschen an der Hand des ersten Kapitels des Fr. Reuterschen Romans „Ur mine Stromtid". Von Dr. A. v. d. Velde 413
Willibald Leo, Die gesamte Litteratur Walthers von der Vogelweide. Eine
kritisch-vergleichende Studie zur Geschichte der Walther-Forschung. . 413
F. Hornemann, Ausgewählte Gedichte Walthers von der Vogelweide nebst einigen Proben aus der ältesten deutschen Litteratur in Übersetzung.
Zusammengestellt von — — — . (Kühne) 414
Hermann Soltmnnn, Der Infinitiv mit der Präposition ä im Altfranzösischen. Erlanger Dissertation. (Separat-Abdrack aus den Französ. Studien hrsg.
von Körting und Koschwitz 414
Sammlung französischer Neudrucke herausgegeben von Karl Vollmöller.
V
Seite 1) De Villiers Le Festin de Pierre ou Le Fils Criminel. Neue Ausgabe
von W. Kuörich. — 2) Armand de Bourbon Prince de Conti Traite' de
la Comedie et des Spectacles. Neue Ausgabe von K. Voiimöller . . 418
Freddric Godefroy, Dictionnaire de l'ancienne langue fran9aise et de tous ses
dialectes du IXe au XVe siecle. (R.) 422
Dr. Hubert H. Wingerath, Clioix de lectures franc^ises (Classes inf^rieures).
(Th. K.) 423
Lafontaine. Sein Leben und seine Fabeln. Von Wilhelm Kulpe . . . 425
Ausgewählte Lustspiele von Meliere. In fünffüssigen, paarweis gereimten
lamben übersetzt von Adolf Laun 425
Lord Byron. Eine Autobiographie nach Tagebüchern und Briefen. Mit
Einleitung und Erläuterungen. Von Eduard Engel 426
Ausgewählte kleinere Dichtungen Chaucers. Im Versmafse des Originals in das Deutsche übertragen und mit Erörterungen versehen von Dr. John Koch 426
Aus beiden Hemisphären. Englische Dichtungen des 19. Jahrhunderts.
Übertragen von Edm. Freiberrn von Beaulieu-Marconnay 426
Longfellow, Die goldene Legende. Übersetzt von Elise Freifrau von Hohen-
hausen. (Dr. OttoWeddigen) 426
Französisches Lesebuch für höhere Mädchenschulen. Nebst Unterlagen zur
Konversation. Von Dr. Heinrich Saure 426
Englisches Lesebuch für höhere Mädchenschulen. Nebst Unterlagen zur Kon- versation. Von Dr. Heinrich Saure. (Dr. S.) 426
Histoire de la Civilisation en Europe depuis la chute de l'Empire Romain jusqu'a la Revolution fran9aise par Mr. Guizot. Erklärt von Dr. H. Lambeck. 1. Band. Le9on I — VI. (David Asher) 427
Shakespeares Hamlet-Quellen: Saxo Grammaticus (lateinisch und deutsch), Belieferest und The Hystorie of Hamblet. Zusammengestellt und mit Vorwort, Einleitung und Nachträgen von weiland Dr. Robert Gericke, hgb. von Max Moltke 429
Kurzer Leitfaden der Geschichte der englischen Litteratur von Stopford A. Brooke, M. A. Deutsch bearbeitet und mit Anmerkungen versehen von Dr. A. Matthias 430
Zur altnorthumbrischen Laut- und Flexionslehre. I. Lautlehre. Von Dr.
H. Hilmer 431
H. Lewin, Das mittelenglische Poema Morale. Im kritischen Text, nach
den sechs vorhandenen Hss. zum erstenmal hgb. (R.) 432
Of English Literature in the reign of Victoria. With a glance at the past.
By Henry Morley. With a frontispiece. (Dr. Weddigen) .... 433
Lehrbuch der englischen Sprache für Schulen wie zum Selbstunterricht von
Dr. Friedrich Glauning 434
Lehrbuch der englischen Sprache von Dr. Joh. Lautenhammer. Theoretisch- praktischer Lehrgang. I. Teil. Aussprache. (G. Wolpert) . . . 436
Sammlung englischer Schauspiele der neuesten Zeit. Zum Schul- und Privat- gebrauche herausgegeben und mit Anmerkungen versehen von Franz Heinrich Stratmann. (Weddigen) 437
VI
Seite
Hundert kleine deutsche Dichtungen für den Gebrauch beim englischen
Unterrichte metrisch übersetzt von Prof. Dr. J. H. Schmick .... 438 Zeitschriftenschau '• . 437
Programmenschau.
Begriftsbestimmungen als Schüleraufsätze. Von Oberl. Dr. Dolega . . . 441 Aus dem deutschen Unterricht in der Prima: der Lehreraufsatz als positive
Korrektur der Schüleraufsätze. Von Oberl. Dr. W. Vigelius . . . 442 Über die Betonung der Fremdwörter Im Deutschen. Von Oberlehrer Dr. W.
Neumann 442
Über den Accusativ mit dem Infinitiv im Deutschen. Von Eugen Herford 413 Kinführung in die Geschichte der deutschen Sprache. Von Oberlehrer Lederer 444 Der „Kampf Beowulfs mit Grendel" als Probe einer metrischen Übersetzung
des angoibächsischen Epos Beövulf. Von G. Zinfser 446
Die Parabeln Jesu im Krist und Heliand, zugleich ein Beitrag zur ästheti- schen und theologischen Würdigung beider Dichtungen. L Teil. Von
Lic. theol. Dr. Karl Schulze 446
Kulturhistorisches aus dem Ruodlieb. Von Oberlehrer Dr. Seiler .... 447 Zur Charakteristik des Nibelungenliedes: Vergleich des epischen Stiles der
Nibelungen mit dem der Kudrun. Von Fr. Reinhardt 448
Über zwei prosaische Darstellungen der Nibelungensage in der nordischen
Litteratur. Von Emil Robert Page 448
Beiträge zur Würdigung des Stiles Hartmanns von Aue. Von Dr. K. Schmuhl 449 Die von L. Bock aufgestellten Kategorien des Konjunktivs im Mittelhoch- deutschen, untersucht an Hartmann von Aue, von Leopold Weingarten 450 Der Ausdruck dichterischer Individualität in Gottfrieds Tristan. Von Dr.
R. Lüth 450
Gärel von dem blühenden tal, von dem Pleier. Von Dr. Mich. Walz . . 451 Über eine mittelhochdeutsche Übersetzung der Meditationes des h. Augusti- nus. Von Dr. Anton Benedict 451
Gedicht vom heil. Kreuz, von Heinrich von Freitag. Von A. Fictz . . . 452 Daz lebin sent hedewigis. Handschrift der Bibliothek des Schleusinger Gym-
nn.'.iums. Von Gymnasiallehrer Bruno Obermann 452
Die drunintischen Aufführungen im Gymnasium zu Strafsburg. Von Dr.
Aug. .lundt 452
Leasings Verhältnis zur altrömischen Komödie. Eine litteraturhistorische
Untersuchung von Prof. Dr. K. Seidner 454
Lehrprobe aus dem deutschen Unterricht in Prima. Die ersten beiden
Kapitel iu Lessings liÄokoon. Von Oberlehrer W. Brenker .... 454 Zum deutschen Unterricht, a) Zu Güthes Iphigenie. b) Tabellen zu Les- sings Laokoon. Von Dir. Dr. O. Henke 455
Lessings Emilia Galotti als Lektüre für Prima Von Gymnasiallehrer Julius
Rohleder 455
Über Lessings Emilia Galotti. Von Oberlehrer Heidemann 456
Über Lessings Einflufs auf Schiller als Dramatiker. Von Oberlehrer Dr.
Alfred Ortmann 456
VII
Seite Über Göthes Stellung zur Tonkunst. Von Dr. Ernst Niemeyer .... 457
Die Iphigeniensage in antikem und modernem Gewände. Von Dr. Thümen 458
Göthestudien. Von W. Fielitz 458
Schillers Lebensideal. Von Dir. L. Drewes 459
Welchen Wert haben Schillers Briefe über die ästhetische Erziehung des
Menschen für die Pädagogik? Von Direktor H. Meier 459
Deutschlands Dichterinnen und Schriftstellerinnen. Eine litterar-historische
Skizze, zusammengestellt von Heinr. Grofs 460
Anastasius Grüns „Schutt". Von Prof. A. Zeche 461
Die Balladen-Poesie Annettens von Droste-Hülshoff nach Inhalt und Form.
Von Ludwig Wattendorff. (Hol sc her) 462
von Lehmann, Lehrplan für den franz. und engl. Unterricht. (Dr. Joseph
Sarrazin) 462
Dr. Fr. Schulz, Die Sprachformen des Hiidebrandsliedes im Beowulf . . . 465
G. Felgner, Über Eigentümlichkeiten der Ronsardschen Phraseologie . . . 466
M i 8 c e 1 1 e n.
Seite 119—126. 235—3.38. 467—478.
Bibliographischer Anzeiger. Seite 127—128. 239—240. 479—480.
über das Studium der neueren Sprachen
auf den deutschen Hochschulen.
Infolge des wachsenden Interesses für die neueren Spra- chen schenkt man auch dem Unterricht in denselben gröfsere Aufmerksamkeit, und es mehren sich täglich die Aufsätze und Schriften über diesen Gegenstand. Sehr verschieden sind nun freilich die Ansichten, die da aufgestellt werden ; die entschie- densten Gegensätze treten da zu tage. Auch die neueste Zeit hat uns viel Anregendes und Belehrendes über den Unterricht und das Studium der neueren Sprachen gebracht. So erschienen dieses bez. voriges Jahr in kurzem Zwischenraum voneinander die Schriften von Dr. Asher (Über den Unterricht in den neueren Sprachen etc., Berlin 1881) und von Prof. Körting (Gedanken und Bemerkungen über das Studium der neueren Sprachen auf den deutschen Hochschulen, Heiibronn 1882). Wie zeitgemäfs beide sind, beweisen die vielen Besprechungen, welche über sie erschienen sind. Dafs Prof Körtings Schrift mehr und zum Teil auch viel günstiger besprochen werden würde, war vorauszusehen in Anbetracht der öffentlichen Stellung des Verfassers und der von ihm ausgesprochenen Anschauungen. Mehr Mut gehört jedenfalls dazu, Dr. Ashers Meinungen bei- zupflichten, da er schonungslos die bestehenden Mängel aufdeckt.
Was Dr. Ashers Mahnruf betrifft, so glauben wir, fast alles, was dafür oder dagegen geschrieben worden ist, gelesen zu haben, und doch scheint uns, dafs sich noch manches dar- über sagen liefse.
In der Einleituno; verbreitet sich Dr. A. über die Behand-
Archiv f. n. Sprachen. LXVIII. ^
2 Studium der neueren Sprachen auf deutschen Hochschulen.
Jung der neueren Sprachen an den deutschen Universitäten. Mit Recht scheint er uns hier auf bessere Pflege der moder- nen Sprache zu dringen. Seitdem die moderne Philologie existiert, hat man gesucht, sie in die Bahnen der alten Philo- logie zu bringen : die englischen und französischen Lehrbücher sind nach den lateinischen und griechischen zugeschnitten wor- den, die Methoden der alten Sprachen haben den in den neueren zum Vorbilde dienen müssen. Anstatt sich in das Studium eines Macaulay und Dickens, eines Montesquieu und Descartes zu vertiefen, hat man damit angefangen, die ältesten und älteren Denkmäler der englischen und französischen Sprache zu edieren und zu kommentieren ; auch jetzt noch beschäftigt man sich vorwiegend mit den älteren Perioden der betreffenden Sprachen. Das, was über die neuere Sprachform und Litteratur geschrieben wird, gilt als unwissenschaftlich und findet wenig oder gar keine Beachtung von Seiten der Gelehrten. An den Universitäten aber widmet man sich fast ausschliefslich dem Angelsächsischen und Altenglischen, dem ProvenQalischen und Altfranzösischen; nur hier und da wird einmal ein Kolleg über einen modernen Gegenstand gelesen. Wir selbst haben es bei unseren Universitätsstudien sehr beklagt, dafs z. B. in der Litteraturgeschichte niemals über das 16. bez. 17. Jahrhundert hinausgegangen wurde, dafs auch nicht ein einziges Mal über Lafontaine, Boileau und Moliere, über Milton, Pope und Byron vorgetragen wurde.
Derartige Gegenstände werden meist den Lektoren über- lassen, wo solche überhaupt vorhanden sind. Wie können nun die Studierenden Geschmack und Interesse finden an der modernen Sprache und Litteratur, wenn sie nur immer von Beovulf und Caedmon, vom Rolandsliede und vom Roman de la Rose hören?
Wir sind weit entfernt, aus den bestehenden Verhältnissen den Unterrichtsbehörden einen Vorwurf zu machen. Infolge der Geringschätzung, welche diejenigen zu finden scheinen, die sich nicht mit den als allein „wissenschaftlich" anerkannten Sprachperioden beschäftigen, wagt es kaum jemand, mit Neu- französisch oder Neuenglisch an einer Universität aufzutreten ; nur einige wenige Professoren geben Anleitung zum Studium derselben. Selbst wenn also die Behörden die Absicht hätten,
Studium der neueren Sprachen auf deutschen Hochschulen. 3
besondere Lehrstühle für Neucnglisch und Neufranzosisch zu errichten, so würden sie augenblicklich kaum die nötigen Kräfte zu ihrer Besetzung finden.
Ebensowenig kann verlangt werden, dafs ein Professor, der das Studium des Altfranzösischen zu seiner Lebensaufgabe gemacht hat, über Neufranzösisch vortrage, nur damit seine Zuhörer auch die erforderliche Vorbildung zum Lehramt erhal- ten. Wir stimmen vielmehr mit denen überein, welche Tren- nung der älteren und der neueren Sprache an der Hochschule wünschen. Die Anzahl der vorhandenen Lehrstühle für Alt- französisch und Altengliach mag wohl im allgemeinen fast ge- nügend sein ; es mufs nun aber auch für Errichtung solcher für Neufranzosisch und Neueno-lisch Soro;e getragen werden. Schwer genug wird dies freilich sein. Vorläufig mufs zunächst der modernen Sprache in den akademischen Kreisen ihr volles Recht zu teil werden, sie mufs als gleichberechtigt angesehen werden mit der älteren. Augenblicklich scheint leider noch immer die theoretisch-historische Kenntnis einer Sprache höher gestellt zu werden als eine praktische; so scheint es uns, sagen wir, denn noch immer liegt der Schwerpunkt der akademischen Prüfungen im Theoretischen.
Wir sind mit Leuten in Berühruno; gekommen, welche jahrelang und an verschiedenen Universitäten gründlicli und mit bestem Erfolg moderne Philologie studiert hatten und die dann mit einer haarsträubenden Unkenntnis der modernen Sprache und Litteratur die Lehrerlaufbahn betreten haben. Diese Herren können vielleicht über die Geschichte jedes belie- bigen Buchstaben des Alphabets gelehrte Abhandlungen schrei- ben, würden aber in grofse Verlegenheit geraten, wenn man einen französischen oder englischen Brief von ihnen verlangte.
Was Wunder unter solchen Verhältnissen, wenn Doktor- dissertationen 80 schlecht ausfallen, wie Dr. Asher nachweist? Und was Dr. A. im Englischen nachgewiesen, liefse sich ohne Schwierigkeit auch im Französischen nachweisen. Diese Disser- tationen lassen aber doch wohl zurückschliefsen auf die prak- tischen Vorstudien des Doktoranden, und letztere soll er eben an der Universität gemacht haben. — Wenn nun entgegnel wird, dafs wohl kaum ein Ausländer im stände sein würde,
1*
4 Studium der neueren Sprachen auf deutschen Hochschulen.
deutsche Abhandlungen besser oder auch nur ebenso gut zu schreiben, so bemerken wir, dafs solche fremdsprachliche Ab- handlungen im Auslande eben gar nicht gedruckt werden wür- den, falls sie nicht ganz fehlerfrei wären. Wer verlangt übri- gens, dafs die Dissertation in fremder Sprache geschrieben sei, wenn der Betreffende in derselben nicht ganz fest ist? — Jeden- falls ist anzunehmen, dafs, wenn die Verfasser der betreffenden Dissertationen eine tüchtige Anleitung zum schriftlichen Ge- brauch der fremden Sprache erhalten hätten, ihre Arbeiten besser ausgefallen wären.
Aufser im schriftlichen Ausdruck fehlt aber auch im Lesen und Sprechen fast jede Anleitung an den deutschen Universi- täten. Gar selten hören wir von einem Kolleg, in welchem irgend ein neufranz, oder neuengl. Schriftsteller gelesen würde, und wenn dies geschieht, so ist es im Seminar oder der- art dafs die einzelnen Zuhörer wenig Nutzen daraus ziehen. Wie leicht liefse sich an solche Lektüre eine Behandlung der Lautlehre und Übung im Sprechen knüpfen! Das alles aber, meint man, müsse der Studierende vom Gymnasium oder der Realschule mitbringen oder allein treiben. Daher kommt es, dafs bei so vielen Lehrern der neueren Sprachen eine so mangelhafte Aussprache und P'ertigkeit im Lesen zu finden ist.
Auf der Universität, so meint man ferner, können dem Studierenden nur theoretische Kenntnisse beigebracht werden, alles Praktische und für den Unterricht in den höheren Schulen Nötige soll er sich allein bez. im Auslande aneignen ; ja man behauptet wohl auch sogar, er könne dergleichen nur im Lande selbst lernen. Wenn dies letztere die Meinung aller Studieren- den wäre, so hätten wir freilich sehr wenige tüchtige Lehrer der neueren Sprachen. — Es ist doch wohl unbedingt wahr, dafs nur derjenige seinen Zweck im Auslande ganz oder an- nähernd erreicht, der mit sehr guten Vorkenntnissen dahin geht. Wir sprechen hier auf Grund eigener Beobachtungen, die wir an Studierenden und Lehrern im Auslande gemacht haben. Die nötige Vorbereitung aber zu einem Aufenthalte im Auslande sollte doch wohl von der Universität ausgehen, denn wenn dieselbe dem Studierenden allein überlassen bleibt, so kann sie doch nur mangelhaft ausfallen. Diese Vorbereitung
Studium der neueren Sprachen auf deutschen Hochschulen. 5
würden nun, unserem Plane gemäfs, die oben erwähnten Kurse des Professors für Neufranzösisch bez. Neuenglisch bieten. Dieselben rnüfsten Übungen im schriftlichen und mündlichen Gebrauch der Sprache, neuere Litteraturgeschichte — über welche die meisten Studierenden jetzt flist nie etwas während der ganzen Dauer ihrer akademischen Studien hören — Lek- türe, Synonymik etc. etc. einschliefsen.
Die nötigen Docenten für die erwähnten neu zu errich- tenden Lehrstühle zu finden, kann allerdings zunächst etwas schwierig erscheinen; doch sind wir überzeugt, dafs es in Deutschland selbst eine Anzahl tüchtiger Persönlichkeiten für die betreffenden Professuren giebt, die augenblicklich freilich nicht in unmittelbarer Beziehung zur Universität stehen. An- dererseits könnte man hier wohl auch dem Beispiele Frankreichs und Englands folgen und aus dem Auslande gut geschulte Philologen, vielleicht sogar dort ansässige deutsche Gelehrte zur Übersiedelung nach Deutschland zu bewegen suchen. Es ist bekannt, dafs in den erwähnten Ländern die ersten Lehrer der fremden Sprachen Eingeborene aus den Ländern sind, deren Sprache sie lehren.
Man entgegne uns nicht, dafs ausländische Lehrer mit ge- nügender Kenntnis des Deutschen nicht zu finden seien: Wir haben selbst im Auslande Lehrer kennen gelernt, die der Auf- gabe eines Docenten in Deutschland gewachsen sein dürften. Es würde wohl auch kaum zu befürchten sein, dafs selbst etwas mangelhaftes Deutsch den Studierenden viel schaden könnte.
Wenn aufser den neufranz. und neuengl. Professuren auch noch mehr Reisestipendien gestiftet werden könnten, so würde das nur um so erfreulicher sein; doch glauben wir fast, dafs solche Unterstützungen nicht sehr vermehrt zu werden brauch- ten, wenn an den Universitäten mehr für praktische Ausbildung sesoro-t wäre, denn dann brauchte der Aufenthalt im Auslande nicht mehr so lang als jetzt gevvöhnlich zu sein, und in vielen Fällen würden die Studierenden im stände sein, die Kosten für jenen Aufenthalt aus eigenen Mitteln zu bestreiten.
In einem Artikel des Pädagogischen Archivs von Lang- bein aus dem Jahre 1871 wurde darauf hingewiesen, in Metz ein pädagogisch-philologisches Konvikt oder Seminar für Stu-
6 Studium Jer neueren Sprachen auf deutschen Hochschulen.
dierende der modernen Philologie einzurichten. Neuerdings ist von anderer Seite ein ähnlicher Vorschlag gemacht worden: es wird die Errichtung von deutschen Instituten in Paris und London empfohlen, und man hat dabei an das archäologische Institut in Rom erinnert. Läfst sich aber wohl annehmen, dafs eine gröfsere, dasselbe Gebäude bewohnende und genau die- selben Vorlesungen und Übungen besuchende Anzahl von Deut- schen wirklich grofsen Gewinn ziehen wird aus ihrem Aufent- halt im Auslande? Jeder Deutsche, der sich Studien halber in London oder Paris aufgehalten hat, wird bestätigen können, wie sehr sich dort die deutschen Studierenden — abgesehen von Kneipereien — im allgemeinen meiden, und mit Recht. Ein gelegentlicher Meinungsaustausch und gemeinsames Arbeiten unter Studierenden kann denselben bis zu einem ge- wissen Grade förderlich sein, aber ununterbrochener Ver- kehr unter gleichen Verhältnissen führt doch sehr leicht dazu, dafs die Betreffenden ihr Ziel aus dem Auge verlieren. Es ist ja bei einem Aufenthalte im Auslande gerade Hauptsache, ohne jegliche Berührung mit Landsleuten zu bleiben und mit eigner Kraft sich die nötigen praktischen Kenntnisse anzueignen ; man lernt doch so viel freudiger, als wenn man stets unter fremder Leitung arbeitet und forscht. Aufserdem könnte es bei den in Vorschlag gebrachten Instituten nicht ausbleiben, dafs Einseitig- keit und Gleichmäfsigkeit entstände; es würden ja dann unsere sämtlichen modernen Philologen, die jene Institute besucht hätten, mehr oder weniger in derselben Weise gebildet sein. Ganz an- ders verhält es sich mit dem archäologischen Institute, wo es sich gar nicht um Aneignung der Landessprache eignet und also auch der Verkehr zwischen den Studierenden nicht wesentlich schadet. Das von Dr. Asher über englische Dissertationen, Pro- gramme, Aussprache und Konversation Ausgesprochene läfst sich, wie schon erwähnt, ebenso richtig vom Französischen be- liaupten ; es mufs auch hier anders werden. Nur eins möchten wir hier nochmals hervorheben, was von Dr. Asher wenig oder gar nicht berührt worden ist: die Lektüre und die Litteratur- gcöchichtc. Durch erstere wird am besten auf Stilübungen hingearbeitet, an sie lassen sich bekanntlich am leichtesten Sprechübungen anknüpfen, auf der Lektüre emllicli baut sich die Littcraturgeschichte auf.
Studium der neueren Sprachen auf deutschen Hochschulen. 7
Was die Vorschläge Dr. Ashers in Bezug auf die Prüfung in den neueren Sprachen betrifft, so weisen wir darauf hin, dafs bereits entsprechende Examina bestehen, die nur leider infolge des Miiskredits, in den alles Praktische geraten ist, fast in Vergessenheit sinken, die Fachlehrerprüfungen. Wenn man denselben einen mehr wissenschaftlichen Charakter verliehe, so würde durch sie die Tüchtigkeit eines Kandidaten zum Lehr- amt gewifs viel besser ermittelt werden als durch die jetzt be- stehenden Universitätsprüfungen. Übrigens erinnern wir hier an die unter dem Namen „agr^gation des langues Vivantes" in Frankreich bestehenden Examina. Die Vorbereitung zu den- selben ist freilich ganz verschieden von der bei uns nötigen und zwar sogar etwas zu willkürlich, aber wir glauben, dafs durch diese agr^gation den höheren Anstalten Frankreichs meist recht tüchtige Lehrer zugeführt werden, wenn auch zu wünschen bleibt, dafs dieses Examen etwas wissenschaftlicherer Natur wäre.
Vollständig stimmen wir' mit denjenigen überein, welche Trennung der beiden neueren Sprachen wie im akademischen Unterricht so auch bei der Prüfung fordern. Bei dem heutigen Stande der modernen Philologie ist es unmöglich, sich dem Studium des Französischen und Englischen mit gleicher Kraft zu widmen. Es ist sehr zu wünschen, dafs die von Prof. Kör- ting befürwortete Zweiteilung der Prüfung Annahme von selten der Unterrichtsbehörden finden möchte: Sektion I: Französisch für alle Klassen ; Latein oder Englisch für Mittelklassen. Sek- tion II: Englisch für alle Klassen; Deutsch oder Französisch für Mittelklassen. Ahnlich verhält es sich bei der agr^gation des langues Vivantes. Hauptsache ist hier: Fertigkeit im schrift- lichen und mündlichen Gebrauch einer fremden Sprache sowie genaue Kenntnis der Litteraturgeschichte ; daneben aber wird Vertrautheit mit der Geschichte und Litteratur der Mutter- sprache, also der französischen gefordert.
Eins wollen wir noch berühren. Da die meisten Studie- renden der modernen Philologie sich auf ein Lehramt vorbe- reiten, so ist es doch wohl natürlich, dafs man ihnen auf der Universität zunächst das biete, was sie für die Praxis brauchen.
Welche Anforderungen stellen wir nun aber an einen Lehrer der neueren Sprachen in seinem Amte? Soll er nicht
8 Studium der neueren Sprachen auf deutschen Hochschulen.
den künftigen Bedürfnissen sämtlicher Schüler Rechnung tragen ? Soll er nicht so lehren, dafs der Schüler das in den Sprachen Gelernte in jeder Lebensstellung verwerten kann? Leider finden wir heutzutage nur zu häufig, dafs namentlich jüngere Lehrer die im Schweifse des Angesichts an der Universität erworbenen Fachkenntnisse an den Mann zu bringen suchen und dabei iranz den Zweck und das Ziel des Schulunterrichts aus dem Auge verlieren. Nur eine geringe Zahl der Schulamtskandi- daten kann an Gymnasien Anstellung finden, die übrigen müssen also in Schulen wirken, welche ihre Schüler für das jreschäftliche Leben vorbereiten sollen. Wie kann nun aber ein Schulamtskandidat befähigt sein, an den zuletzt genannten Schulen fruchtbringenden Unterricht zu erteilen, wenn er seinen Studien niemals diejenige Richtung gegeben hat, die nun sein Unterricht haben soll, nämlich die praktische?
Dafs das Studium der neueren Sprachen an unseren Hoch- schulen, trotz des Gesagten, sovieU'^s möglich ein historisches sein möchte, geben wir selbstverständlich zu, nur behaupten wir nochmals, dafs von dem neusprachlichen Lehrer einer Mittelschule vor allem genaue Kenntnis der betreffenden Spra- chen in ihrem heutigen Stadium gefordert werden sollte.
Dem gründlichen Studium der modernen Sprache und Lit- teratur ein genaues Eingehen auf die älteren Sprachperioden vorausgehen zu lassen , wie es jetzt geschieht und von Autoritäten empfohlen wird, scheint ebenso widersinnig, als wenn ein Franzose beim Studium des Deutschen mit der Sprache unserer Minnesinger anfangen wollte. Leider ist diese Methode die vorherrschende. Der frisch vom Gymnasium kommende Student mufs die von ihm dort mit Liebe ge- lesencn Schriftsteller beiseite logen und hört nun plötzlich Namen und Sprachformen, von denen er noch keine Ahnung hat ; er mul's sich vor allem in Studien vertiefen, in denen er trotzdem in den meisten Fällen ein Dilettant bleibt, und 80 geschieht es, dafs er die Hochschule verläfst, ohne je viel- leicht die Autoren gelesen zu haben, die er mit seinen Sekun- danern und Primanern traktieren soll. R. Bluhm.
über
das Secretnm secretorum des Pseudo-Aristoteles
als Quelle eines noch unveröflentlichten provemjalisclien Gedichtes.
Von
Bobert Reinsoh.
Ein im Mittelalter bis in die Neuzeit vielgeleeenes latei- nisches Buch in Prosa, welches den Namen des gröfsten Phi- losophen des Altertums an der Stirn trug und durch den ge- heimnisvoll klingenden Titel das Verlangen, mit dem Inhalt bekannt zu werden, erwecken mufste, war das vorzugsweise bei romanischen Völkern verbreitete Secretum secretorum sive de regimine principum. Dasselbe wurde im 1.3. Jahrhundert von dem irischen Dominikanermönche Jofroi de Waterford, welcher es für ein echtes Werk des Aristoteles hielt, in das Französische übersetzt; Victor Le Clerc hat 1847 im 21. Band der Histoire litteraire de la France p. 216 — 229 diese Über- setzung untersucht und analysiert nach Ms. fr. 1822 und 571. Diese letzte Hs. ist unvollständig. Unbekannt ist Le Clerc die Londoner Hs. Harl. 219 fol. 80— 105 b.
In diesem Secret des Secrets oder Livre de gouvernement de rois et de princes, lequel Aristotles envoia al grant roi Alexandre, bemerkt Jofroi, er übertrage dies Buch, das aus dem Griechischen in das Arabische und aus dem Arabischen in das Lateinische übersetzt worden wäre, ins Romanische; hierzu füge er und Servals Copale noch ein anderes über Fleisch und Getränke handelndes Werk, das aus den Büchern des Isaac, genannt Dietes universelles et particuliers, übersetzt sei ; ge- meint ist hier, wie aus H. Häsers Lehrbuch der Geschichte der Medizin, IL Aufl., Jena 1853, p. 233 hervorgeht, Isaac Judäus.
Das Verhältnis der franz. Prosaübersetzung des Jofroi zu dem 2200 Verse enthaltenden Gedicht Enseignements d'Aristote
10 über das Secretum secretoruni des Psoudo-Aristotelcs.
tlcs Picne de Vernon kann hier nicht untersucht werden; aber hingewiesen werden mufs hier auf die Untersuchung der spa- nichcn Bearbeitungen des Secretum secretorum von H. Knust, „Ein Beitrag zur Kenntnis der Escorial-Bibliothek" und „Pori- dad de las Poridades": Eberts Jahrbuch für romanische und englische Philologie (1869), Bd. 10, p. 272—303 und 303—317. Knust meint, ein Auszug aus dem Secretum secretorum sei die Epistola Aristotelis ad Alexandrum de sanitate tuenda, ein Werk, von welchem er 10 Londoner Handschriften des 14. und 15. Jahrhunderts nennt; aber wahrscheinlicher ist, dafs dieser Brief ursprünglich unabhängig ist von dem Secretum secre- torum und in dieses später eingeschoben ist; mit Hilfe der älteren latein. Hss. läfst sich dies leicht beweisen. Knusts Auszüge aus der spanischen Übersetzung sind in den Ab- schnitten „De los quatro tienpos del anyo et de las qualidades dellas. Del verano. Del estiuo. Del atupno. Del ynuierno" zu knapp. Auch übergeht Knust mancherlei, „da wir keine Belege für die menschliche Leichtgläubigkeit hier sammeln," wie er als Grund hinzufügt. Die Lücken in seiner Unter- suchung werden durch das Folgende teilweise ergänzt werden.* Zu Grunde gelegt wird hier der lateinische, zuerst in Bologna 1501 erschienene Text, welcher 1528 in Lyon unter dem Titel: „Secreta Secretorum Aristotelis" zusammen mit den demselben Verfasser zugeschriebenen Werken De signis aquarum, ven- torum et tempestatum, sowie De mineralibus und mit des Alexander Aphrodis. Buche De intellectu et Averrois de beatitu- dine anime, nebst des Alexander Achillin. Bononiens. Abhand- lung De universalibus und den Mirabilia Indie Alexanders an Aristoteles, gedruckt wurde.** In der Einleitung nennt sich hier aufser Philippus noch Johannes als „linguarum interpre- tator peritissimus et fidelissimus." Überschriften resümieren
• Nacli J. Ldvi, Les traductions hdbraiques de la legende d' Alexandre In der Revue des Etudes Jiiives, No. 6, Octobre — Decembre 1881, p. 238 fgd., wo auch über Sod liasoilot, die hebräische Übersetzung des Secretum se- f.ret. geliandelt ist, hat Paul Meyer die Abhandlunor im Druck: „Histoire de la Idgende d'Alcxaiidre dans les pays romans." Eine Abhandlung „Der .Saj^cnkreis Alexanders des Gr " ist in No. 31—33 der Sonntagsbeilagen der Vossisclien Zeitung 1879 erschienen.
** Die Herausgeber des 21. Handes der Histoire litt, de la France be- nutzten die lut. Ausgabe von 1501, die in fol. in Bologna erschien, 'und die i(al. Übersetzung „II Segreto de segreti, la Moralita e la Phisionomia dAristotele etc. volgarizzat. da Giovanni Manente. Venezia 1538, in 4''."
über das S-ocrotnm seciotormii i](_s Psoiulo-AristoU'lcs. 11
kurz den Inlüilt. Im lOingange wird u. a. auch erwähnt, (hiJ'8 „Alexander zwei Monier gehabt haben und in einer Fi'ucrv-;änlc (in columna quasi ignis) gen Himmel gefahren sein soll." Ari- stoteles spricht zu seinem Schüler Alexander zunächst von den Königen, ihrer Freigebigkeit und Habsucht ; daim ist die Rede von Aristoteles' Lehre von den Tugenden und Lastern, von der Tendenz der Könige, von den bösen Folgen der Fleischeslust; dann folgt ein Brief des Aristoteles an Alexander, und die nächsten Kapitel handeln von der Weisheit und Klugheit des Königs, von Schmuck, Schweigsamkeit, von den Bestrebungen des Menschen, von Keuschheit, vom Trost durch Musik, von der V^ermeidung allzuvielen Lachens, vom Gehorsam gegen den Herrscher, vom Mitleid des Königs, von der Klugheit und ihrem Nutzen, von den bösen Folgen des Mordes, von der Treue, von der Ordnung im Reiche und in der Familie, von der Einrich- tung der Studien, von der Art und Weise, sich vor den Wei- bern zu schützen, vom Mifstrauen gegen einen Arzt, von einem indischen mit Schlangengift genährten und Alexander von der Königin der Inder geschenkten Mädchen, von der Beratung durch die Astronomie, von der Erhaltung der Gesundheit, von den Bestandteilen des Menschen, von den Zeichen eines guten und schlechten Magens, von der Beobachtung der Gesundheit, von der Beschäftigung nach dem Schlafe, von der Wirkung des Schlafes, von den vier Jahreszeiten, von dem, was den Körper fett und mager macht, von der Einteilung des Körper«, von der Brust, von den Augen, von den Ausscheidungsorganen, von der natürlichen Wärme, von der Beschaffenheit der Speisen, von den Fischen, vom Wasser, vom Weine, von den Folgen des starken Trinkens, vom Bade, von den Arzneien, von der besten Art der Zubereitung des Honigs ; weiter wird gesprochen über die sieben Arzneimittel, über die Stunde, ein Heilmittel zu wählen, über Purganzen je nach der Stellung des Mondes, über die Kräfte und Eigenschaften von Pflanzen und Steinen, über die Vegetabilien, über die Gerechtigkeit, über den Aus- gang der Dinge, über die Entstehung der Seele, über die Er- schaffung des Menschen, über das Sehen, den Geschmack und das Gefühl, über die Ratgeber des Königs, über den eigenen Rat, über die Erfahrung mit bnjuli ; hieran schliefst sich ein Buch über die Schreiber, Boten, Diener, Speisemeister, über
12 Über das Secretum secretorum (les rseudo-Aristoteles.
die Ordnung und die Menge der Krieger, über das Hörn, dessen Ton 60 Meilen weit gehört wird ; liierauf folgt noch eine Phy- siof^nomik (Physionomia), in welcher über den Anblick, das Haar, die Augen, die Augenbrauen, die Nase, das Gesicht, die Schläfen, die Ohren, die Stimme, die Handbewegungen, den Hals, den Bauch, die Arme, die Zeichen in der flachen Hand, die Zeichen an den Füfsen und diejenigen einer guten Natur Lehren o-eoeben werden.
Dies ist kurz der Inhalt des lateinischen Werkes, Avelches die Grundlage zu den abendländischen Bearbeitungen bildete. Es fragt sich nun: In welchem Verhältnis steht dies Prosawerk zu dem unedierten proven^alischen Gedichte, dessen Verfasser sich in der Einleitung auf Hippokrates und Galen* (Ypocras e Galians) als Autoren einer „Abhandlung von der edlen Kunst der Medizin" (tractat de la nobla art de medicina) beruft. Bemerkt sei im voraus, dafs der proven^alische Dichter den Hippokrates und Galen mit Aristoteles verwechselt, welcher in der Legende des Aiittelalters eine klägliche Rolle ganz im Gegensatz zu seiner Be- deutung spielt, obschon ihn Dante unter den Vorläufern Christi aufzählt : der verliebte Philosoph ** mufs sich unter der Macht der Liebe beugen und sich von einer Schönen, dem Gegenstande seiner Anbetung, mit Zaum und Sattel reiten lassen, ein „sujet scan- daleux", wie die Correspondance litteraire, philosophique et critique des Baron Grimm und Diderot sich ausdrückt, das zu- erst im 13. Jahrhundert von Henri d'Andeli zu dem die Macht der Liebe darstellenden hübschen Gedichte „Li lais d'Aristote" verarbeitet, von Barre und Piis im Aristote amoureux ou le phi- losophe bride 1780 benutzt und in den letzten Jahren auf einer französischen Bühne als komische einaktige le Char betitelte Oper von P. Arene und A. Daudet dramatisch dargestellt wor- den ist, dessen Ursprung jedoch noch unklar ist, indem das arabische Werk: „Der gesattelte und gezäumte Vezir" nur wenig Übereinstimmung zeigt, vgl. Charles Gidel, La legende d'Aristote au nioyen äge: Annuaire de l'association pour l'en- couragement des ötudes grecques en France, Paris 1874,
• Galen-Sagen finden sich bei Abul Pharagius, Hist. dynast. •* Das Schicksal des Hippokrates ist in der mittelalterlichen Zeit ahn- lich dem des Zauberers Virgil: er wird liebeskrank und vor dem Fenster seiner Schönen in einem Korbe in die Höhe gezogen.
über das Secrelum secretorum des Pseudo-Aristoteles. 13
p. 285 — 332, und A. Heron, Q'^uvres de Henri d'Andeli, trou- vere normand du Xllle siecle, publ. avec introduction, variantee, notes et glossaire, Paris 1881, p. 1 — 22, eine nur in 40 Exem- plaren gedruckte Publikation der Societe Rouennaise de Bibliophiles.
Obschon es wahrscheinlich ist, dafs der Proven9ale den Brief des Aristoteles an Alexander über die Bewahrung der Gesundheit benutzt und zu einem Gedichte verarbeitet hat, so müssen wir hier jedoch, da noch keine Ausgabe des Briefes vor- handen ist, auf das Secretum secretorum als Quelle zurückgehen.
Das in Rede stehende proven^alische in einer Londoner Hs. erhaltene Gedicht ohne Titel, welches hoffentlich nun bald von kompetenter Seite herausgegeben werden wird, hat folgen- den Inhalt, welcher in dem latein. Druck von 1528 fol. XIV fgd. den Kapiteln „Quid post somnum sit faciendum", „De efficatia diversae dormitionis", „De quatuor anni temporibus", „De his quro impinguant corpus" entspricht.
Nachdem der Dichter im Eingange angegeben, dafs er in alten Büchern eine Abhandlung über die Arzneiwissenschaft von Hippokrates und Galen gefunden, berichtet er, dafs zur Zeit des Alexander, des besten Königs, welcher jemals existierte, Galen lebte, weitaus der beste und klügste Arzt, welcher jede Krankheit heilen konnte und ein solches Lumen der Wissen- schaft war, dafs er 159 Bände über Physik verfafste und auf Pergament an den König einen Brief schrieb des Inhalts, dafs, wenn er seiner Vorschrift gemäfs handeln würde, er immer gesund und frei von aller Krankheit sein und keinen Arzt brauchen werde. Der Schrift zufolge müsse er jeden Morgen beim Aufstehen, sobald er sein schönes weifses Hemd ange- zogen, den Kopf kämmen, reiben und kratzen, — denn das ist sehr gesund, — damit die Dünste, die während des nächtlichen Schlafes entstanden sind, entweichen. Dann, heifst es weiter: Spring fröhlich aus dem Bett und wasche Hände, Gesieht und Mund, so dafs die Zähne recht welfs werden, im Sommer mit kaltem, im Winter mit warmem Wasser; dies erfrischt und giebt Appetit. Darauf reibe die Zähne und nimm ein Stück Rinde von Olive, Erle, Pfirsiche, Salbei oder Enzian oder Weichselkirsche in den Mund: dies konserviert die Zähne, macht die Zunge geschmeidiger zum Sprechen, beseitigt natür- liche Trägheit, erhält die Sehkraft und schwellt Hals und Arme.
14 Über das Sccretum secretorumdes Pseudo-Äristoteles.
Um dich zu stärken, iis einen Löffel voll Latwerge zu geeig- neter Jahreszeit; ina Sommer oder gegen Ostern, wo es mild geworden, nimm mit Rosen gewürzten Zucker, Kosenlatwerge mit Khabarber, im Winter Morsellen mit Muskat oder Pfeffer, Ingwer oder Nelken; mische Flufswasser mit Sommer-Latwerge und trinke etwas Wein. Lafs dir dann Spezereien bringen, damit du gut riechst, im Sommer gegen Ostern Rosen, Veil- chen, Lilien oder andere Blumen, im Winter, wenn es friert, Moschus, Aloe, Balsam, Cypresse oder andere Wohlgeriiche ; was Brot für den Leib, ist Geruch für die Seele. Wohlgeruch und schöne Kleidung giebt Freude und Heiterkeit.* Alsdann magst du ein wenig im Freien spazieren gehen, durch Gehölze und Gärten reiten und dem Gesänge der Vögel lauschen, um dann in deinen Palast zu deinen Rittern zurückzukehren und Gesandte anzuhören ; sprich mit deinen weisesten Freunden und verkehre mit keinem bösen Menschen. Sobald der Tisch ge- deckt ist und der Speisemeister alle Gerichte gebracht hat, koste von allem, hüte dich jedoch vor Unmäfsigkeit; denn zu viel essen macht frühzeitig alt. Nach dem Essen trinke frisches Wasser, ergehe dich im Palaste und leg dich dann in dein schönes weiches Bett, erst auf die rechte, dann auf die linke Seite; nachdem du geruht, spring aus dem Bett, wasche Hände und Gesicht und Öffne die Fenster des Palastes, in welchem die Ritter beim Schachspiel, an den Tafeln und Spieltischen, und Jünglinge sowie Spielleute mit lieblichen Instrumenten und Sängerinnen sind; höre ihre Gesänge an und lafs, um dich heiterer zu stimmen, die Trompeten ertönen oder geh mit deinem Gefolge auf die Jajjd.
Nicht vergessen — fahrt der Dichter fort — darf ich die vier Jahreszeiten.** Der Frühling ist gemäfsigt, da ist es ge- sund, zu medicinieren, zu schröpfen, schöne Frauen zu küssen und warme Gerichte zu essen : Fladen oder Rebhühner, weiche Eier und gespickte Hähne, Ziegenmilch beim Mittagsmahl,
• Die Worte des Latein, „exerceatur vomitus semel in unoquoque niense et maxime in estate : vomitus oniin lavat coipus : et storaachum purgat ab huinonbus pcsMmis et putridis" übergeht der Dichter aus ästhetisclien Rück- tiichtcii
** Im IJrcviaii d'Amor iles Mattre Ennengaud cd. G. Azais, BtVJers 18G2, V. ti415-6öIS findet .Mch ein Abschnitt De hi natura dels IUI temps de l'an.
über das Secrelum secretorum des Pseudo-Aristoteles. 15
Zaunlattich beim Abendbrot. Im Sommer ist während der Hitze Kühlung durch Wein, Kalb- oder Ziegenfleisch, Tausend-Korn, säuerliche Apfel, Gurken, Kürbisse, Fleisch oder Fisch mit Sauce angenehm; da darf man nicht schröpfen und mit Frauen scherzen, denn das ist schädlich, auch hüte man sich, zu viel zu essen.* Der Herbst** macht melanchoHech, in dieser Jahreszeit ist es kalt und wechselvoll, und man soll mehr essen als im Sommer und zwar w^arme, saftige, liebliche und schmack- hafte Speisen: so reife Weintrauben, süfse Feigen mit Wein, fette zweijährige Hammel, Hühner und Vögel mit Sauce aus Ingwer und Safran ; Kohl und Feigbohnen jedoch soll man meiden, aber Arzneien und Purgiermittel geben da grofse Er- leichterung, und Liebe ist besser als in der heifsen Sommers- zeit. Im Winter soll man tüchtig essen, sich bewegen und er- wärmen, wildes Geflügel essen und Hühner, Hähne und Ka- paunen braten lassen; Braten, Koteletts, Schweinerüssel und Kostbraten soll man essen, die gesalzen und gepfeffert sind, guten Wein und Met trinken, mn dem Klima Trotz zu bieten,***
E rescon sotz ton cobertor Bela domna ab fresca color.l
Von den 12 Monaten ff ist noch zu erzählen. Im Januar schröpfe man und esse nicht im Februar Beermelde, keine
• Im latein. Texte heifst es, nachdem vor dem, was „valde calide et sicce nature vel complexionis" ist, gewarnt ist, weil es in der trockenen Sommerszeit die Gelbsucht (colera rubea) erzenge: -Ab esu quoque et pota- tione nimia abstinendum est in estate : ne calor naturalis extinguatur. Co- medas in eo quicquid frigide et humide complexionis fuerit : ut carnes vitu- line cum aceto : et Cucurbita : et puili saginati : pulraentum quoque ex farina ordei et fruetus acris saporis : et mala acria et venus parce petatur. ** Im Breviaria d'Amor, das sich hier eng an das Latein, anschliefst, heifst es V. G488 fgd. vom Herbst:
Automs, cum dit l'escriptura.
Es freg e sec per natura,
E quar a malas qualitatz,
S'engenra granz enfermetatz
En temps d'autom en cor huma
Segon lo savi Galia.
*** Im Latein, werden als Winterspeisen empfohlen „puUi galline et arietine carnes : et assature : et universa pigmenta calida : ficus quoque et nuces et vinum rubeum optimum et sumaniur electuaria calida."
•j- Im Lateinischen heifst es nur: nimius potus et venus non nocent hoc tempore.
ff Der Abschnitt des Breviari d'Amor des Matfre Ermengaud V. G519 fgd. handelt ebenfalls De la natura dels .XTI. mes de l'an.
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16 Über das Secretum secretorum des Pseudo-Aristoteles.
Linsen im März, auch nichts Süfses, sondern da ist Raute gut. Im April hüte man sich Wurzeln zu essen, schröpfe aber, wäh- rend im Mai Fenchel in Brühe von Vorteil ist. Im Juni esse man Zaunlattich, gebrauche Essig und Bitteres bei Tische, wenn man Hunger hat. Im Juli ist es nicht gut, zu schröpfen und Arznei einzunehmen ; auch küsse man die Frauen nicht zu häufig. Im August meide man Speisen, die das Blut mischen und Schwarzgalligkeit erzeugen, man esse nicht Ziegen- und Schweinefleisch, sondern leichte, stärkende Speisen, frisches Fleisch, gutes Brot, Minze von Polei. Der September ist lieb- lich und angenehm, da ist es gut, Arzneien zu nehmen und Kuhmilch zu trinken. Im Oktober geniefse man süfse Trauben und Most; Brotteig ist da gesünder als im ganzen Jahre, und man trinke gewürzten Wein. Im November bade man sich nicht, aber vorteilhaft ist Aderlafs und Schröpfkopf. Im De- zember enthalte man sich des Kohls, brauche aber Narde, Ingfwer und PfefFerbrühe. Zuletzt wird an Alexander die Auf- forderung gerichtet, nicht zu vergessen, was ihm gesagt ist ; denn solange der Mensch keine bleiche Farbe bekomme, lebe er ; aber wenn er schwach zu werden anfängt, könne das Leben nicht mehr bestehen. Eines jeden Leib vergeht entweder auf natürliche Weise durch Altern oder durch Krankheit und Stö- rung. Traurigkeit und Trübsinn verkürzt, Heiterkeit und Freude verlängert das Leben. —
Diese kurze Inhaltsübersicht des naiven etwa fünftehalb- hundert achtsilbige Verse enthaltenden proven^alischen Gedichtes, welches für die proven(;al. Litteratur ein Unicum bildet und allen Herausgebern provenQal. Texte bisher unbekannt geblieben ist, trotzdem die Handschrift seit Anfang dieses Jahrhunderts im Katalog der Harl. Bibliothek signalisiert, jedoch ungenügend beschrieben war, zeigt, dafs das Werk nicht einheitlich ist, in- sofern ein Abschnitt über die 12 Monate des Jahres in dasselbe aus einer unbekannten Quelle — das Secretum s